Wir haben bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass Momentum-Indikatoren sehr zuverlässige Indikatoren sein können, sofern man sie richtig nutzt und interpretiert. Das Momentum soll die Dynamik des Kurses einfangen und damit Aufschluss darüber geben, ob der aktuell vorherrschende Trend stabil ist oder sich abschwächt.
Derweil können Momentum-Indikatoren auf unterschiedliche Art und Weise berechnet werden. Einer der gängigsten Momentum-Indikatoren ist das Momentum selbst. Aber auch der RSI (Relative Strength Index) gehört zur Gattung der Momentum-Indikatoren.
Berechnung des RVI
Während jedoch der Momentum-Indikator die Schlusskursdifferenz im Vergleich zum Vortag misst, setzt der Relative Vigor Index die Kursspanne zwischen Tageshoch und -Tief zur Kursspanne zwischen Eröffnungs- und Schlusskurs ins Verhältnis. Je stärker also die Differenz zwischen den beiden Spannen, umso weniger stark ist die Bewegung in die jeweilige Richtung ausgefallen und vice versa.
Der Relative Vigor Index wird mit einer Signallinie geglättet, indem man einen gleitenden Durchschnitt bezogen auf eine bestimmte Periode darauf berechnet. Die Nulllinie soll Aufschluss über die Richtung des Trends gewährleisten.
Interpretation des RVI
Wir haben bei der Interpretation drei Parameter zu beachten:
- Die Nulllinie,
- den Indikator selbst und
- die Signallinie.
Die Nulllinie soll einen Anhaltspunkt dafür geben, in welchem Trend sich der Kurs befindet. Wird die Mittellinie durchkreuzt, so findet ein Trendwechsel statt. Weiterhin ist das Durchkreuzen der Signallinie durch den Indikator ein Zeichen für steigende Volatilität, also Beschleunigung im Trend.
Schneidet der Indikator beispielsweise die Signallinie von unten nach oben, so deutet es auf einen beschleunigenden Trend nach oben hin. Wird der Indikator von oben nach unten gekreuzt, so ist das ein Signal für eine sich beschleunigende Bewegung nach unten.
Darüber hinaus sollen gewisse Konstellationen beachtet werden. So ist das Signal als zuverlässig einzustufen, wenn sich die Beschleunigung zu einem Zeitpunkt ergibt, an dem sich der Indikator noch in einem gegensätzlichen Trendbereich befindet, also das Kreuzen der Signallinie nach unten noch oberhalb der Nulllinie geschieht und vice versa. Das soll den Trendwechsel und die Beschleunigung früh genug signalisieren.
Überprüfung der Interpretationen in der Praxis
Wie so oft handelt es sich bei den Interpretationsregeln um Allgemeindefinitionen. Märkte lassen sich jedoch nicht so einfach in starre Strukturen und Muster pressen, deshalb ist es immer wichtig, zu überprüfen, wie zuverlässig diese Allgemeindefinitionen sind. Schauen wir uns dazu das folgende Chart an.
Das Chart macht deutlich, dass der Indikator diese Definitionen trifft, allerdings ist fraglich, welchen Mehrwert er gegenüber dem Kurs selbst bietet. Denn es ist auch deutlich, dass der Indikator im Großen und Ganzen einfach dem Kurs folgt. Fällt der Kurs deutlich ab, so fällt auch der Indikator unter die Nulllinie und andersherum.
Man sollte sich daher kurz darauf besinnen, was der Indikator denn eigentlich aussagen soll. Wir erinnern uns, es handelt sich um einen Momentum-Indikator. Wir sollten daher nicht vermehrt darauf achten, ob der Indikator kurzzeitig in die eine oder andere Richtung zeigt, sondern ob er im längeren Verlauf gewisse Tendenzen aufweist, ähnlich der Interpretation des RSI-Indikators.
In diesem Sinne kommen wieder einmal die beliebten Divergenzen zwischen dem Kursverlauf und dem Indikator als zusätzliche Interpretationsregeln infrage. Schauen wir uns das Chart noch einmal an, so erkennen wir, dass Tendenzen und Divergenzen im Verlauf die besseren Signale liefern.
In diesem Fall sehen wir ganz klar ein beständiges Muster – und zwar, wenn wir folgende Regeln zusammenfassen:
- Es muss sich eine Divergenz zwischen Kurs und Indikator bilden.
- Die Trendwende beschleunigt sich und die Nulllinie wird durchbrochen.
- Nach Durchbruch der Nulllinie bleibt der Indikator weiterhin stark.
Die optimierten Regeln können uns definitiv mehr bei der Interpretation bieten. Dennoch muss man sagen, dass auch diese keine Garantie für hundertprozentig zuverlässige Signale liefern können. Das erkennt man beispielsweise an dem zweiten Reversal nach oben, der zwar mithilfe des Indikators und den Regeln angezeigt wurde, aber ein Zusammenfallen des Kurses dennoch nicht verhindert werden konnte.
Wir müssen uns daher weiterhin etwas überlegen, um solche unbeständigen Reversals zu umgehen. Darum werden wir uns im nächsten Beitrag kümmern, in dem wir gleichzeitig eine Handelsstrategie auf Basis des RVI-Indikators entwickeln werden.
Noch mehr interessante Beiträge für Sie aus unserer Redaktion: